Gegenseitige Besuche in Zeitungsredaktionen, Rundfunk- und Fernsehsendern finden ebenso regen Zuspruch wie die gemeinsamen Kultur- und Tourismusprogramme. Persönliche Kontakte, die Begegnung von Menschen und der Austausch von Ideen, öffentliche Diskussionsveranstaltungen zu aktuellen politischen und wirtschaftlichen Themen, die Debatte über Sorgen und Nöte von deutschen und türkischen Medienschaffenden –das sind zentrale Anliegen dieser bislang einzigartigen Partnerschaft, die in den nächsten Jahren noch enger werden dürfte. Ausgebaut werden soll der Austausch von Pressefotos und ‑artikeln und natürlich die menschliche Begegnung. Ein durchaus ehrgeiziges Ziel ist dabei, jungen Journalisten Praktika in der jeweils anderen Partnerstadt zu ermöglichen.
Wenn Freundschaft zur Tradition wird
Auch im Jahr 2016 hat eine Delegation des Presseclubs Nürnberg den Journalistenverein in Antalya besucht. Dabei ging es wie bei keinem Treffen zuvor so sehr um die politische Lage der Türkei. Nach Putschversuch und Einbruch der Touristenzahlen hatten die Nürnberger viele Fragen.
Der Putschversuch des Militärs liegt Monate zurück und trotzdem kommt die Türkei nicht aus den Schlagzeilen. Im Gespräch mit türkischen Journalisten und Politikern kam die Presseclub-Delegation deshalb auf die Geschehnisse in der Nacht des 15. Juli zu sprechen. „Der Tag war ein Versuch, die Demokratie abzuschaffen“, sagte Antalyas Bürgermeister Menderes Türel im Rathaus. Auch Mitglieder des Journalistenvereins Antalya machten klar: Wäre die Regierung,
Auch im Jahr 2016 hat eine Delegation des Presseclubs Nürnberg den Journalistenverein in Antalya besucht. Dabei ging es wie bei keinem Treffen zuvor so sehr um die politische Lage der Türkei. Nach Putschversuch und Einbruch der Touristenzahlen hatten die Nürnberger viele Fragen.
Der Putschversuch des Militärs liegt Monate zurück und trotzdem kommt die Türkei nicht aus den Schlagzeilen. Im Gespräch mit türkischen Journalisten und Politikern kam die Presseclub-Delegation deshalb auf die Geschehnisse in der Nacht des 15. Juli zu sprechen. „Der Tag war ein Versuch, die Demokratie abzuschaffen“, sagte Antalyas Bürgermeister Menderes Türel im Rathaus. Auch Mitglieder des Journalistenvereins Antalya machten klar: Wäre die Regierung,
Sefa Özdemir
(blauer Anzug, Mitte)…
ist Vorsitzender des Presseclubs Konya. Er sagt, Pressearbeit in der Türkei sei schon immer schwer gewesen. „Aber dadurch, dass alle Medien den Putschversuch vom 15. Juli verurteilt haben, sind wir in der Gunst der Bevölkerung und der Regierung gestiegen.
Yusuf Hacisüleyman…
ist Präsident des Hotelier-Verbands AKTOB. Er rechnet nach einem für den Tourismus sehr schwierigen Jahr 2016 mit einer Verbesserung im nächsten Jahr. Sein Wunsch für die Zukunft? „Frieden in der Heimat, Frieden in der Welt.“
Wäre der Putschversuch am 15. Juli 2016 erfolgreich gewesen, wäre er nicht mehr am Leben: Mevlüt Yeni, Vorsitzender des Journalistenverbands Antalya. Fünf Fragen und fünf Antworten*.
Wie haben Sie vom Putschversuch am 15. Juli 2016 erfahren?
Mevlüt Yeni: Von meinen Freunden über Facebook. Es war schwer offizielle Informationen zu bekommen. Die Bosporus-Brücke war gesperrt aber keiner wusste so genau warum. Meine Freunde erkundigten sich bei mir, ob es einen Anschlag vom IS gegeben hätte. Auch der Gouverneur hatte zunächst keine Informationen.
Also war nicht klar, dass ein Putsch im Gang ist?
Mevlüt Yeni: An einen Putsch hat zunächst kaum jemand gedacht, weil die vergangenen Putsche alle viel später stattgefunden haben. Mitten in der Nacht, wenn alle schlafen. Aber scheinbar musste er vorgezogen werden, damit er nicht vereitelt würde. Erst später, als im Fernsehen auf TRT die Erklärung der Putschisten verlesen wurde, herrschte Klarheit.
Was wären die Folgen gewesen, wäre der Putsch erfolgreich gewesen?
Mevlüt Yeni: Die vergangenen Putsche haben uns jedes Mal um Jahrzehnte zurückgeworfen. Und bei jedem Putsch werden Tausende gefoltert oder hingerichtet. Dieses Mal gab es eine Liste mit 8.000 Leuten, die hingerichtet werden sollten. Von der Staatsanwaltschaft weiß ich: Ich stand auch auf der Liste.
Wieso waren Sie auf der Liste?
Mevlüt Yeni: Ich denke es hat damit zu tun, dass ich einen Gülen-Anhänger nicht in den Vorstand unseres Presseclubs aufnehmen wollte. Mir kommt das sowieso komisch vor: Wie kann eine Hilfsorganisation so ein Netzwerk aufbauen oder eine solche Villa in Washington haben?
Was erwarten Sie vom Ausland?
Mevlüt Yeni: Dass man sich selbst ein Bild macht und nicht nur vom „armen Gülen“ spricht. Wir erwarten mehr Verständnis für unsere Sicht der Dinge. Natürlich gibt es auch im Land unterschiedliche Ansichten. Aber als es um die Frage ging, ob man die Türkei opfern soll, um Erdogan loszuwerden, waren sich alle einig: Nein. Wenn er gehen soll, dann wie er gekommen ist: demokratisch.
*Mevlüt Yeni erzählte am Abend des 1. Oktober 2016, wie er den Putsch vom 15. Juli 2016 erlebt hat. Aus dieser Erzählung entstand im Nachhinein der vorliegende Text in der Frage-Antwort-Form.
Er dreht sich und dreht sich und dreht sich. Wie Planeten um die eigene Achse. Sein weißer Rock schwebt längst vom Körper gelöst und bildet den Ring, der den Himmelskörper umkreist. Drehend wendet sich der Derwisch der Welt ab. Drehend offenbart sich ihm Allah. Der rechte Arm ist zum Himmel geneigt, der linke zur Erde.
Die deutschen, niederländischen und amerikanischen Gäste verfolgen das Spektakel gebannt auf gepolsterten Bänken. Sie runzeln die Stirn, nippen am türkischen Tee. Nicht jedem erschließt sich, dass der Tanz eine Form des Gebets ist. Ordensgründer der tanzenden Derwische ist Mevlana – ein Mann, der Liebe pries und religiöse Toleranz. Er predigte Wein, Leidenschaft und Gesang. Er übertrat alle orthodoxen islamischen Verbote und dient noch heute als Brückenbauer zwischen Morgen- und Abendland. „Lass den Himmel sich auf der Erde widerspiegeln, auf dass die Erde zum Himmel werden möge.“
Aber vor allem wollen Touristen die Derwische (vom Persischen für Schwelle) tanzen sehen. Das können sie vor allem in Konya, der Stadt, in der Mevlana lebte und starb. Hier ist man
stolz auf dieses kulturelle Erbe. Und hier lebt auch noch eine Nachfahrin Mevlanas. Wenn Esin Çelebi Bayru lächelt, zieht sie ihre akkurat gezupften Augenbrauen langsam nach oben, neigt den Kopf zur Seite und schließt die Augen.
Als sich ihre Lider wieder geöffnet haben, blickt sie den Besuch mit einer Mischung aus großmütterlicher Gutmütigkeit und lehrerhaftem Tadel an. Sie sagt: „Mevlana hat jede Religion willkommen geheißen.“
Wenn es nach den Stadtoberen geht, sollen vor allem zahlungskräftige Touristen nach Konya kommen. Das Mausoleum Mevlanas ist darum längst zu einem Museum geworden und gilt als Wahrzeichen der Stadt. Das Gebäude mit dem markanten türkisfarbenen Turm zieht bisher nur vereinzelt Spirituelle aus dem Ausland an. So wie ein junges Paar aus den Niederlanden. Im Schneidersitz haben sie es sich im Inneren auf dem Boden bequem gemacht und meditieren mit geschlossenen Augen. Mit ihren bunten, wallenden Kleidern wirken sie wie zeitreisende Hippies aus den 1960er Jahren. Über ein lautstarkes „Peace and Love to everyone“ würde sich auch hier keiner wundern. Spricht doch selbst der Generalkonsul gerne von Konya als der „Stadt des Friedens“.
Gute Freunde kann niemand trennen. Auch kein Recep Tayyip Erdogan. Dass die Türkei und Deutschland mehr als nur die Liebe zu Döner verbindet, zeigt sich, wenn die Presseclubs Nürnberg und Antalya aufeinandertreffen. Seit zwölf Jahren pflegen die Journalistenkollegen beider Länder eine innige Partnerschaft, aus der längst Freundschaft entstanden ist. Oder ist es etwa Liebe? Wie in jeder guten Fernbeziehung freuen sich beide Parteien über die regelmäßigen Besuche, die dann immer voller Emotionen und netter Worte sind. So oder so, jeder kennt den obersten Grundsatz einer jeden Freundschaft (oder Liebesbeziehung): Man muss auch in schweren Zeiten zueinander halten.
Und die Türkei hat es zurzeit wahrlich nicht leicht: ein Putschversuch, sinkende Touristenzahlen und ein Präsident, der seine Macht immer weiter ausbaut. Doch was bei all der (berechtigten) Kritik an der Politik leider allzu oft in Vergessenheit gerät: Es geht hier noch immer um Menschen. Menschen, von denen man einige seine Freunde nennt. Menschen, die nicht unbedingt etwas für die Lage in ihrem Land können. Menschen, die sich mit Deutschland seit jeher besonders verbunden fühlen. Zu letzerem haben auch die engen Partnerschaften sowohl der Städte als auch der Presseclubs von Antalya und Nürnberg beigetragen. Das verpflichtet und bringt Verantwortung mit sich. Der Besuch des Nürnberger Presseclubs in Antalya war in diesem Jahr mehr als nur ein freundschaftlicher Akt. Er war ein Symbol der Solidarität. Und dies wird die Beziehung zwischen Deutschland und der Türkei nachhaltig positiv prägen.
Wo bin ich? Es ist so dunkel hier… Hilfe, holt mich hier raus! Okay, denk nach: Was war das letzte, an das Du dich erinnern kannst? Ich lag nichtsahnend im Schrank in der Polizeiwache in Konya — und auf einmal war da diese Hand. Sie war riesig. Einen nach dem anderen von uns hat sie sich gepackt, erst meinen Kumpel Murat und schließlich war ich dran. Und dann wurde ich in diese Tasche gepackt. Ja, hier muss ich sein, in dieser Tasche. Da hinten sehe ich auch Murat. MUUURRRRAAATTTT!!! Doch meine Rufe werden übertönt. Außerhalb der Tasche höre ich Stimmengewirr. Es hört sich an, als würden eine Menge wichtige Leute Reden abhalten. Erst auf türkisch, und dann auf deutsch. Ein Glück, dass der Bruder meiner Cousins meiner Großcousine, Onkel Ali, vor Jahren nach Deutschland ausgewandert ist und ich etwas Deutsch spreche. Auch mein Boss, der Polizeipräsident von Konya, scheint bei dem Treffen dabei zu sein. Der Rede nach zu urteilen hat er einen neuen Freund gefunden. So etwas wie seinen Gegenpart aus Deutschland: der Polizeipräsident aus Nürnberg vielleicht -
ob ich das richtig verstanden habe? Oh, jetzt bewegt sich die Tasche. Der Reissverschluss geht auf. Ahhh, es wird so hell hier! Und da ist sie wieder, diese Hand, die ich auch schon auf der Polizeiwache gesehen habe. Sie greift nach mir! Was geschieht hier? Und prompt finde ich mich auf dem Kopf eines Menschen wieder, den ich noch nie in meinem Leben gesehen habe. In meinem Leben als Baseballcap. Der Mensch freut sich, mich zu sehen. Auch die nächsten Tage will mich mein Mensch gar nicht mehr von seinem Kopf ablegen, weil ich ihn vor der Sonne schütze. Sogar Murat sehe ich jetzt wieder, er ist auf dem Kopf eines anderen Menschen, der scheinbar wie mein Mensch dem Nürnberger Presseclub angehört. Und das Beste kommt noch: Ich habe sogar neue Freunde gefunden. Sie sind gelb, rot, grün und blau. Denn der Mensch, dem ich jetzt angehöre, hat noch viele weitere meiner Sorte geschenkt bekommen.
Marie Zahout:
„Aldous Huxley soll einmal gesagt haben: ‘Reisen bedeutet herauszufinden, dass alle Unrecht haben mit dem, was sie über andere Länder denken.‘ So ist auch die Türkei ein Land, dessen Politik zu Recht kritisch von Deutschland aus beobachtet wird. Doch verstehen kann man die Menschen vor Ort nur, wenn man sich mit der jungen Unternehmerin bei einem Kaffee unterhält oder den Journalisten nach seinen Erlebnisse in der Putschnacht.“
Johannes Sporrer:
Fühlt sich in Partnerstädten Nürnbergs immer etwas schneller heimisch. Fragt sich aber, wie es im Land weitergeht.
Meike Kreil:
Konnte von dem selbstgemachten Ayran, den es so nur in der Türkei gibt, gar nicht genug bekommen.
Quelle: Bay. Rundfunk Studio Franken